Eigenbedarf gegeben?
Wenn ein Vermieter Eigenbedarf geltend macht, reicht es nicht aus, zu behaupten, dass die Wohnung dringend von einem Angehörigen gebraucht werde. Da zunächst nicht abzusehen ist, wann die Wohnung frei wird, muss die Person, die in die Wohnung einziehen soll, zunächst versuchen eine Ersatzunterkunft – zumindest übergangsweise – zu finden. Sollte sie dies nicht tun, bestehen berechtigte Zweifel, ob wirklich Eigenbedarf besteht. Nur wenn die Anmietung einer Ersatzunterkunft aus wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen unzumutbar ist, kann auf die Suche einer Übergangsunterkunft verzichtet werden. Dies entschied das Landgericht Berlin am 10.09.2019 (Aktenzeichen 67 S 149/19). In dem Verfahren ging es um eine Eigenbedarfskündigung und der daraus resultierenden Klage auf Wohnungsräumung und -herausgabe. Die Kündigung begründete der Vermieter mit dem Hinweis, dass er die Wohnung für eine über 80 Jahre alte Angehörige benötige. Diese sei inzwischen herzkrank müsse daher von ihm betreut werden. Der Mieter bezweifelte diese Argumentation und weigerte sich, die Kündigung anzuerkennen. Deshalb klagte der Vermieter zunächst vor dem Amtsgericht Berlin Mitte. Dort hatte er keinen Erfolg. Das Gericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass der Eigenbedarf nicht nachgewiesen wurde. Vermieter und Bedarfsperson hätten sich derart in Widersprüche verwickelt, dass man deren Glaubwürdigkeit anzweifele. Der Vermieter wollte die Entscheidung nicht akzeptieren und ging vor dem Landgericht Berlin in Berufung. Doch auch dort konnte sich der Vermieter nicht durchsetzen. Die Berufung wurde zurückgewiesen. Auch das Landgericht erklärte, dass die Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam sei.
§ 573 Ordentliche Kündigung des Vermieters (1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen. (2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn
- der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
- der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
- der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.
(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind. (4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
In seiner Begründung stellte das Gericht fest, dass auch hier die Richter die Angaben von Vermieter und Bedarfsperson nicht für glaubhaft oder glaubwürdig hielten. Außerdem warte die Bedarfsperson nun schon seit zwei Jahren auf die freiwerdende Wohnung. In dieser Zeit habe sie nicht versucht, eine Ersatzwohnung zu finden. Auch das spreche gegen einen angeblichen dringenden Eigenbedarf. Die wirtschaftlichen Verhältnisse hätten es durchaus erlaubt, eine vergleichbare Ersatzwohnung zu finden. Das dürfte Sie auch interessieren: Anforderungen an eine Eigenbedarfskündigung Wenn Eigenbedarfsgründe wegfallen Gerichte müssen Eigenbedarfskündigungen individuell prüfen